Maria Lassnig – Werke aus der Sammlung Klewan

16.09.2022 - 26.02.2023
ganztägig
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Maria Lassnig (1919–2014) gilt heute als eine der bedeutendsten Künstlerinnen des 20. und 21. Jahrhunderts. Ihre Anfänge wurzeln zwar in der österreichischen Kunst, doch entwächst sie dieser früh. Ihr Werk entwickelt sich zu etwas völlig Eigenständigem: Bekanntlich besteht es vor allem aus Selbstporträts. Diese generieren sich mehrheitlich gerade nicht aus einem sorgfältigen Beobachten des Spiegelbildes oder aus Selbstbildern in der Imagination und aus dem Gedächtnis, sondern – und eben daraus gewinnen sie ihre Singularität – aus dem Körperempfinden. Maria Lassnig spürt ihrem körperlichen Erleben nach und übersetzt das Bewusstsein des eigenen Körpers in Bilder. „Bei diesen Körpergefühlsbildern muß ich von Anfang an gegen Erinnerungsbilder kämpfen. Ich lösche – vom Spiegel gar nicht zu reden – das Erinnerungsbild als Hindernis aus. Damit man ein ganz reines Körpergefühl wahrnimmt, muß man die Erinnerung ausschalten.“ (Maria Lassnig) Der Empfindungsrealität folgt auch die Palette – es sind Bedeutungsfarben: „Die Entscheidung für die Farbe fällt ebenso wie die für die Form: willkürlich. Das heißt aber nicht egal, sondern es ist mein Wille, ich kämpfe darum. Es ist nicht von etwas abhängig, was schon vorhanden ist. Es ist meine Entscheidung. (…) Die Stirne bekommt eine Gedankenfarbe, die Nase eine Geruchsfarbe, Arme und Beine Fleischdeckenfarbe; es gibt Schmerzfarben und Qualfarben, Druck- und Völlefarben, Streck- und Preßfarben, Höhlungs- und Wölbungsfarben, Quetsch- und Brandfarben, Todes- und Verwesungsfarben, Krebsangstfarben – das alles sind Wirklichkeitsfarben.“ (Maria Lassnig)
Lassnigs künstlerisches Lebensprojekt ist die Erforschung und Visualisierung der Realität körperlicher Empfindungen. Die Malereien in der Ausstellung, die Sesselselbstporträts und die von ihr selbst so bezeichneten Monster-Bilder, aus den für ihre Entwicklung so entscheidenden 1960er-Jahren machen dies unmittelbar anschaulich. Körperpartien werden situationsbedingt disproportional oder dominant erlebt. Diese Realität auf der Empfindungsebene erscheint auf der Leinwand als Deformation der „objektiven“ Realität.
Die Papierarbeiten in der von Brigitte Hausmann kuratierten Ausstellung – Zeichnungen, Aquarelle, Grafiken – sind aus den 1970er- bis 1990er-Jahren. Technisch sehr vielfältig, bildet auch hier das Selbstporträt das Zentrum, daneben Eindrücke aus der New Yorker Zeit (1968–1979), Reiseerlebnisse und anderes mehr. Für einen weniger bekannten Aspekt in Maria Lassnigs Schaffen steht die Bronzeplastik der Sexgöttin (1979).
Internationale Anerkennung erfährt Maria Lassnig mit diesem Fokus auf ihrer Körperlichkeit erst mit dem neuen Interesse an figurativer Malerei ab den 1980er-Jahren: 1980 bespielt sie zusammen mit Valie Export den Österreichischen Pavillon auf der Biennale von Venedig, 1982 nimmt sie an der documenta 7 teil, 2013 wird sie für ihr Lebenswerk mit dem Goldenen Löwen der Biennale von Venedig ausgezeichnet.
Die im Gutshaus Steglitz präsentierten Werke stammen aus dem weitaus umfangreicheren Bestand an Lassnig-Arbeiten in der Sammlung Klewan. 1981 zeigte der Kunstsammler Helmut Klewan die erste Lassnig-Ausstellung in seiner damaligen Münchener Galerie, zahlreiche weitere folgten und trugen wesentlich zur Etablierung der Künstlerin bei. „Dreißig Jahre Freundschaft mit Maria Lassnig waren wie ein Kampf. Man musste ihr jedes Bild abschwatzen. Ölbilder hat sie mir lieber in Kommission gegeben, als dass sie sie verkauft hätte. Das Bewusstsein, ein Bild nicht mehr zurückzubekommen, war für sie unerträglich. Zum Glück ist sie fast 95 geworden und hat ihren Weltruhm noch erlebt.“ (Helmut Klewan)
Zur Ausstellung erscheint im Kerber-Verlag ein Katalog mit Texten von
Stefanie Heinzl und Jenny Graser.

Galerie Gutshaus Steglitz
Schloßstraße 48, 12165 Berlin
Mo-So 10-18 Uhr
jeder 1. Dienstag im Monat geschlossen
Eintritt frei


16.09.2022 - 26.02.2023
ganztägig

Gutshaus Steglitz
Schlossstraße 48
Berlin


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