“The King’s Speech” – fulminante Premiere im Schlosspark-Theater

Foto (C) DerDehmel

Der Stoff ist nicht zuletzt durch einen mit vier Oscars ausgezeichneten Film aus dem Jahre 2010 bekannt: Der spätere König Georg VI. -von seiner Familie verniedlichend “Bertie” genannt- stottert. Mit der Erfindung des Radios droht diese Schwäche bekannt zu werden. Dies ist besonders in seinem historischen Umfeld brisant: Das Deutsche Reich unter Hitler rüstet massiv auf und es wird immer deutlicher, dass man sich am Vorabend eines Krieges befindet, als auch noch Chamberlains Appeasement-Politik scheitert. Der amtierende König stirbt und Berties älterer Bruder, der in der Thronfolge vor ihm steht, schickt sich an, eine Bürgerliche zu heiraten, was Kirche und englische Kolonien erzürnt. Es ist also an Bertie selbst, König zu werden und die Nation zu einen…

Diese reale Historie bietet damit den Hintergrund, aber auch die Herausforderungen bei der Umsetzung im Theater: die klassische, aristotelische Einheit von Zeit, Ort und Handlung wird unmöglich durch den Stoff: die erzählte Zeit umfasst über ein Jahr, mehrere Orte wie königlicher Palast und Westminter Abbey sind entscheidend und die Handlung spaltet sich auch in Rahmen- und Nebenhandlungen wie die Intrigenspinnerei von Hofschranzen und Klerus sowie die Einstellungen und Erwägungen der königlichen Familie auf.

Doch dem Schlosspark-Theater gelingt es bravourös, diese Herausforderungen zu meistern, so dass dem zentralen Thema nichts im Wege steht: Loyalität. Dem Staate, der Familie, der Partnerin und – nicht zuletzt – sich selbst gegenüber. Dies ist das Lernfeld der Hauptfigur “Bertie”, die nicht besser als mit Oliver Mommsen hätte besetzt sein können. Nach und nach erleben die Zuschauer mit, wie der durch Tradition, Härte und Umerziehung von Links- zu Rechtshänder geprägte Bertie Vertrauen zu seinem Sprachtherapeuten Lionel Logue (sehr gut: Jürgen Tarrach) fasst und den Wert von loyaler Freundschaft unter Gleichen kennenlernt, die persönliche Schwächen akzeptiert. Auch als diese durch die Vorgeschichte Logues auf eine harte Probe gestellt wird, überdauert sie letztlich und ermöglicht den fulminanten Höhepunkt des Stückes: die Radioansprache an die Nation zur Begründung des englischen Eingreifens in den Weltkrieg nach dem deutschen Überfall auf Polen. Versagt der König hier, droht Europa gegen Hitler-Deutschland unterzugehen. Und hier brilliert der im gesamten Stück stark geforderte Oliver Mommsen als Georg VI.: die Zuschauer hängen an seinen Lippen, als er – um Längen besser als andere deutsche, dem Method-Acting unvertraute (Fernseh-)Schauspieler- authentisch die Wandlung des Königs zur wahren Führungspersönlichkeit verkörpert. Langer Premierenapplaus belohnte ihn dafür.

Zur gelungenen Aufführung trugen auch die puristisch aber dennoch stimmungsvoll ausgestattete und beleuchtete (Dreh-)Bühne mit ihrer Ortsflexibilität und die Tatsache bei, dass Theaterbesitzer Hallervorden sich in der Rolle von Berties Vater (eher eine Art Cameo-Auftritt) weise zurückhält und den Hauptcharakteren ihren Platz lässt, Slapstick-Elemente nur ganz am Rande eingesetzt werden.

Eine solch beeindruckende Umsetzung des Stückes macht gespannt auf mehr dieser Klasse an diesem Spielort!

Foto_KingsSpeech

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Über Carsten Berger

Mitarbeiter der BVV Steglitz-Zehlendorf für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied Kulturausschuss Steglitz-Zehlendorf, Herausgeber KulturInSZ.de Kontakt: info[at]KulturInSZ.de, Twitter: @KulturInSZ
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