“In naher Zukunft wird das Ethnologische Museum als größter Partner im Humboldt-Forum mit seinen neu konzipierten Ausstellungen an den Schlossplatz in der Mitte Berlins umziehen”, so lautet lakonisch und unbestimmt der Satz auf der Webseite des Ethnologischen Museums, der auch für die anderen Institutionen des Museumskomplexes gilt. Zusammen mit dem Wegzug des Aliiertenmuseums von der Clayallee würde dies einen massiven Verlust für das Kulturleben des Bezirks bedeuten.
Gestern fanden sich nun etwa 50 Interessierte auf Einladung der CDU im Kino-Saal des Ethnologischen Museums in Dahlem ein, um vom Berliner Kultur-Staatssekretär Tim Renner, Ex-Chef von Universal Music Deutschland und seit April 2014 im neuen Amt, direkt etwas zur Zukunft des Komplexes zu erfahren.
Schon sein Eingangsstatement betonte dann sein klares Bekenntnis zu einer kulturellen Nutzung des Standortes auch in Zukunft. Die rund 56.000 Quadratmeter frei werdenden Flächen sieht er als Chance, eine “bunte Mischung von Ideen in verschiedenen Modulen” umzusetzen. Berlin steht für ihn im Wettbewerb mit anderen Metropolen wie New York und London, in denen sich die Kulturstandorte in den letzten Jahren immer stärker dezentralisierten – was schon allein an den touristischen Karten Londons zu erkennen sei, die immer größere Teile der Stadt auch mit ihren Randbezirken darstellen müssen, um die dortige Kulturszene für Touristen abzubilden.
Alles andere als klar ist dabei der Zeitplan des Abzuges der Museen aus Dahlem: war die Perspektive zunächst 2019, scheint dies aufgrund der Bauplanungen am Kulturforum als Zielort des Umzuges fraglich. Eine weitere Frist stellt das Jahr 2025 dar, in dem das zentrale Lager der Staatlichen Museen Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SMB) in Friedrichshagen fertiggestellt sein soll und somit spätestens die Bestände von Dahlem nach Friedrichshagen ziehen. Dann fallen die Gebäude in Dahlem an den Bund, der ihren Wert aktuell mit etwa 16 Mio. Euro beziffert. In den Jahren 1997 bis 2004 sind dabei noch 23,5 Mio. Euro in Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen geflossen. Der Bund ist auch heute schon Mehrheitsträger in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, neben Berlin also entscheidender Akteur in den Verhandlungen. Stiftungspräsident Hermann Parzinger halte sich bisher in den laufenden Gesprächen zwischen Bund, Land und Bezirk aber sehr zurück mit eigenen Ideen, so Renner. Bisher genannte Ansätze seien ein Technologiemuseum für die Freie Universität und Flächen für Startup-Unternehmen sowie Studentenwohnungen oder gar die Zentral- und Landesbibliothek.
An diesem Punkt wurde die Redeliste geöffnet, um auch weitere Ideen aufzunehmen. Und diese kamen: mit viel Verve trug der “Vater” der benachbarten Ruine der Künste, Wolf Kahlen, seine Anregung vor, auf den Flächen “Hunderte” von Künstlerateliers für alle Genres bis hin zu Musik, Theater, Pantomime zu schaffen, so dass sich die Künstler und Künstlerinnen in Eigenregie ein Kunsthaus schaffen könnten und mit den Studenten und Studentinnen der nahen Uni eine lebendige Kunstszene entstehe, die auch abends über den Unibetrieb hinaus attraktiv sei. Eine weitere Idee, die einigen Beifall fand, war die Lagerung, Kuratierung, Präsentation und Verkauf von Nachlässen versterbender zeitgenössischer Künstler, was damit auch Einnahmen generieren würde. Weniger Anklang bekam die Idee, am Standort ein weiteres historisches Museum zur deutschen Geschichte zu gründen. Renner selbst brachte die Idee eines Clubs ins Spiel, ohnehin seien die Flächen groß genug für viele “Module”. Laufende Unterhaltskosten seien natürlich zu beachten. Eine Möglichkeit der Finanzierung über ein Stiftungsmodell sei hier in Erwägung zu ziehen. Als Kulturpolitiker dieses Bezirkes werde ich dabei die kommenden Planungen im Auge behalten und auch immer wieder Ideen einspeisen.
Den letzten Block bildeten einige allgemeine Bemerkungen Renners über sein Amtsverständnis. Vier Punkte seien ihm in enger Absprache mit den Mitarbeitern seiner Kulturverwaltung wichtig, nämlich, dass Kultur -auch dezentrale- Orte zum Stattfinden brauche, eine Trennung von “ernster” E- und “unterhaltender” U-Kultur eher einer Unterscheidung in “Excellence” und “Underground” Platz machen sollte, Transparenz in der Förderung wichtig ist und Berlin auch dann ein Symbol für Freiheit und Vielfalt bleiben müsse, wenn es eines Tages einmal nicht mehr “arm aber sexy” sei.
Danke @Mmueller das nehmen wir in dieser Gewichtung so 🙂 #berlin2030 #stek pic.twitter.com/962BmHQqqx
— Tim Renner (@rennersen) 2. September 2014
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